Im Blickpunkt
CAROLINE BALDWIN 4: Showdown in Havanna
von André Taymans (Zeichnungen und Szenario)

Auf den Spuren eines Comics zu reisen, hat seinen Reiz. Eckart Sackmann war Anfang 2011 in Kuba und bekam Gelegenheit, die Schilderungem André Taymans' mit seinen eigenen Eindrücken zu vergleichen.  

Oben eine Darstellung von Caros Hotel in Havanna, unten zum Vergleich ein Foto. Auf dem Platz vor dem Inglaterra steht das Denkmal des kubanischen Nationalhelden José Martí, dessen Verunglimpfung durch amerikanische Soldaten zu Zeiten der Revolution ein Beweggrund für die Aufregung der Kubaner war.

Links einer der von Taymans häufig gezeigten Straßenkreuzer. Die Wagen verströmen noch "echten" Benzingeruch, haben aber nicht immer den alten Motor, sondern oft einen weniger Sprit fressenden Ersatz.

  Der Ehrgeiz bestand natürlich darin, in Havanna im selben Hotel wie Caro zu nächtigen. Das ließ sich leicht machen. Das Inglaterra ist über 150 Jahre alt, hat vier (kubanische) Sterne und nicht den höchsten Komfort, aber es hat Atmosphäre. Caroline Baldwin hat hier das Zimmer 314 bewohnt, das ist im dritten Stock das zweite von links. Ich hatte erst die Nummer 215 und vor der Abreise dann die Nummer 214, also genau unter dem der Detektivin. Die Zimmer zum Park hin sind - wegen der Straße vor dem Hotel - laut, aber sie haben einen unschätzbaren Vorteil. Wer alte Amischlitten liebt, braucht nur auf den Balkon zu treten, und er steht mitten in einem lebendigen Automuseum. Etwa jedes vierte Auto, das hier vorbeifährt, ist aus vorrevolutionärer Zeit, also ein amerikanischer Straßenkreuzer von vor 1959.

Diese Wagen spielen auch in dem Doppelalbum "Der Tote im Pool"/"Showdown in Havanna" eine Rolle. In Band 3 stößt die New Yorker Polizei auf eine Garage, in der Tim Allen (der Tote im Pool) alte Autos hortet, die er aus Kuba importiert haben soll. Wie er das gemacht haben soll, ist mir ein Rätsel, denn die Ausfuhr dieser Wagen ist quasi unmöglich. Lassen wir das als literarische Freiheit des Autors durchgehen. Die Straßenkreuzer sind in Kuba ein sehr privater Luxus: Wer einen hat, vererbt ihn in der Familie. Viele werden als Taxi genutzt, das offiziell zwar Touristen nicht zugänglich ist (gelbe Nummernschilder), aber wegen des Lockmittel CUC (Peso Convertible, die Touristenwährung) doch angeboten wird, wenn man fragt. Der älteste, in dem ich gesessen habe, war ein Buick von 1942, ein Riesenteil, der reinste Panzer. Diese alten Autos haben eine Seele - man leidet regelrecht mit ihnen, wenn sie sich manchmal dahinschleppen.

Auch die Lobby des Hotels wird im Comic häufiger gezeigt und entspricht in dieser Darstellung der Realität. Ich gehe davon aus, dass André Taymans selbst in diesem Hotel gewohnt hat. Wer hier übernachten möchte, sollte das Zimmer entweder in Deutschland buchen (Meyers Weltreisen) oder über eine Agentur in Kuba (z. B. bei Cubatur). So ist es halb so teuer wie der im Hotel verlangte Preis. Man hat dann Anrecht auf ein Standardzimmer. Die Lage des Zimmers ist verhandelbar (evtl. gegen etwas Aufschlag); man kann mit dem Personal an der Rezeption locker darüber reden.

Von Havanna aus fährt Caroline Baldwin nach Trinidad im Süden der kubanischen Mitte. Taymans zeigt diese Stadt fast menschenleer. Das mag vielleicht 1999, als das Album entstand, so gewesen sein. Heute ist Trinidad eine der Touristen-Hochburgen Kubas und wimmelt von Besuchern.

Der Showdown findet nicht, wie der Ttel des Albums es will, in Havanna statt, sondern hier in der Provinz, auf dem alten Glockenturm der Kirche des Franziskaner-Klosters. Im Kloster ist heute ein Museum untergebracht, das dem Kampf gegen Konterrevolutionäre gewidmet ist. Den Turm kann man für etwas Eintrittsgeld besteigen, allerdings zur Zeit meiner Reise nicht bis hinauf zu den Glocken (Wenn man es geschickt anstellt, räumt man die notdürftige Barriere zur Seite und klettert trotzdem weiter). Die Glocken haben alle einen Sprung und werden nicht mehr geläutet.

Empfehlenswert ist es, den Turm zur Zeit des Sonnenuntergangs zu besteigen. Wenn die Sonne im Meer versinkt, zischt es regelrecht, und der Abendhimmel, der sich kurz darauf ausbreitet, ist so rot, dass es schon fast kitschig ist.

In Trinidad sollte man unbedingt in der Bar Canchánchara den gleichnamigen Cocktail (Rum mit Honig) trinken und das Muséo Historico besuchen (tolle Inneneinrichtung aus den Hinterlassenschaften der spanischen Kolonialzeit). Abends gibt es in den Bars viel Musik; allerdings fängt der Tourismus an, die Tradition negativ zu beeinflussen.

Das Kopfsteinpflaster der Straßen im Zentrum ist extrem rund: Passt auf, dass ihr euch nicht den Knöchel verstaucht!

Links der Turm von San Francisco im Comic, oben ein Foto mit ausnahmweise leerer Straße.

Fazit: Wer sich auf den Spuren von Caroline Baldwin in Kuba bewegt, wird feststellen, dass der Zeichner seinen Comic gut dokumentiert hat. Ein Fehler ist André Taymans allerdings unterlaufen: In Kuba steht die Mondsichel nicht senkrecht, wie links im Bild zu sehen, sondern liegt waagerecht.

Oben Eckart Sackmann in Trinidad, vor dem von Taymans im Bild oben gezeigten Chevy.

Copyright © 2011 beim Verlag Sackmann und Hörndl