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Im Blickpunkt
YESHUA
von Tomaz Lavric
Gesamtausgabe in einem Band

Vor rund 2000 Jahren, Palästina unter römischer Besatzung. Yeshua, der Sohn der zweiten Frau eines Zimmermanns in Nazareth, zieht mit seiner Gang von Jugendlichen durch Galiläa. Ihren Unterhalt bestreiten sie durch kleine Gaunereien.Die alternative Lebensgeschichte des Jesus von Nazareth.

Originaltitel und Verlag: "Yeshua", Buch

 

Tomaz Lavric

Der Slowene Tomaz Lavric alias TBC ("To be continued") wurde am 3. Dezember 1964 in Ljubljana geboren, zu einer Zeit, als Slowenien noch Teil Jugoslawiens war. Nach dem Studium an der örtlichen Kunstakademie verlegte er sich auf das Gebiet der Illustration. Mit dem Strip "Diareja" wurde 1988 sein erster Comic in der Zeitschrift Mladina veröffentlicht. Das 1996 entstandene und 2010 erweiterte "Rdeci alarm" (Rotalarm) war autobiografisch geprägt; die ein Jahr später erschienenen Kurzcomics in "Bosanske Basni" setzten sich mit dem Krieg in Lavric' Heimat auseinander. Als "Fables de Bosnie" wurde dieser Titel 1999 vom französischen Verlag Glénat übernommen, wo Lavric auch weitere Arbeiten veröffentlichen konnte (darunter 2001 und 2003 das vierte Album und eine ergänzende Kurzgeschichte von Frank Girouds "Zehn Gebote"). 2002 schrieb und zeichnete Tomaz Lavric drei Alben der Fantasy-Serie "Lomm"; 2003 erschien das erste Kapitel von "Evropa" in der Zeitschrift Vécu (zwei Alben auf französisch, Komplettierung 2014 in der slowenischen Gesamtausgabe). Nach langer Pause lag 2018 der Bildroman "Yeshua" vor, eine eigenwillige Interpretation der Christuslegende. Dass Tomaz Lavric auch ganz anders arbeiten kann, bewies er im selben Jahr mit der Comic-Adaption des Trickfilms "Kaeloo". Der vielseitige Lavric gilt inzwischen als der bedeutendste Comiczeichner und -autor seines Landes.

Yeshua aus Nazareth

Von Jesus Christus erzählen die Evangelien des Neuen Testaments nicht viel: die Geburt, ein paar Wundertaten, Kreuzigung und Auferstehung. Vom Menschen, seinem Charakter, seinem Leben - Fehlanzeige. Da bleibt viel Spielraum für Interpretation. Das reizte den slowenischen Autor und Zeichner Tomaz Lavric, der schon in "Evropa" gezeigt hatte, dass er es versteht, eine Situation individuell zu durchdenken. Nun also Yeshua, Jesus von Nazareth.

Der selbsternannte Messias ist die Hauptfigur der Geschichte, die sich, gar nicht so lose, wie man annehmen könnte, an den vier Evangelien orientiert. Auch in "Yeshua" gibt es einen Erzähler, den inzwischen greisen Jünger Philippus. Er lebt unter falschem Namen im Süden der heutigen Türkei und wird im Jahr 64, also rund 30 Jahre nach dem angenommen Todesjahr Christi, dort aufgesucht von dem jungen Historiker Zacharias von Tyros. Der ist offensichtlich Anhänger der christlichen Lehre und sucht nun nach Einzelheiten über das Leben des Gottessohns.

Was Philippus ihm zu erzählen hat, entspricht jedoch nicht seinen Vorstellungen. Kein in Reinheit gereifter Messias, sondern ein eitler und ruhmsüchtiger Mann, der seine Familie missachtet und mit einer Hure in Sünde lebt. Der Historiker kann nicht glauben, was er zu hören bekommt. Er bezichtigt seinen Zeugen der Lüge, und das ist so unwahrscheinlich nicht. Philippus ist religiös geprägt; vieles von dem, was die Bibel Jesus zuschreibt, kommt in Lavric' Comic aus seinem Munde. Yeshua hat ihn betrogen, um sein Leben, seine Hoffnungen, als Jünger des "Wunderheilers" das Richtige zu tun, aber auch um die Zukunft, die er sich vom Messias erträumt hat.

Wir kennen alle in "Yeshua" auftretenden Figuren aus der Bibel, aber so, wie Lavric sie uns zeigt, kennen wir sie nicht. Zum Beispiel Maria aus Magdala, die den Jüngling Yeshua in die Liebe einführt. Später werden sie ein Paar. Maria kontrolliert Yeshuas zweifelhafte Geschäfte. Sie ist ehrgeizig; sie würde ihn gern als "König der Juden" sehen (und sich als Königin). Sie steht am Anfang und am Ende des Mythos, aus dem bei Tomaz Lavric das Christentum erwächst. Sie spornt den unerfahrenen Yeshua dazu an, die verrücktesten "Wunder" zu produzieren, und sie ist es letztlich auch, die das Mysterium der Religion möglich macht: Die Auferstehung ist der Nachwelt nur vermittelbar, nachdem Maria die sterbliche Hülle des Erlösers hat verschwinden lassen.

Oder Johannes den Täufer: In diesem Comic ist er ein Verwandter Yeshuas, dessen Mutter Maria sich vom selben fahrenden Händler hat schwängern lassen wie Johannes' Mutter Elisabeth. Johannes wird zum Propheten, Yeshua zum neidischen Hochstapler, der den Konkurrenten kaltblütig der Obrigkeit ausliefert.

Tomaz Lavric ist Karikaturist; er neigt zur Überzeichnung, zu Typen: Ein Römer sieht aus wie ein Römer, ein Jude wie ein Jude, eine Hure ist verführerisch schön, und einem Gauner wie Judas spricht die Schlechtigkeit aus den Augen. In Lavric' Comic hat jede Figur das passende Äußere und entspricht den Erwartungen der Leser. Nicht selten aber spiegelt dieses Äußere Wesen und Charakter des Porträtierten. Die Geschichte von Yeshua ist so spannend wie verblüffend. So könnte es doch gewesen sein, damals, vor 2000 Jahren.

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